Protestaktion gegen Nazi-Straßennamen in Wien!

Ende Dezember haben Aktivisten/innen die Namensschilder der Maria-Grengg-Gasse in Wien-Liesing entfernt und eine umfangreiche Begründung dieser Aktion unter anderem der KPÖ zukommen lassen.

Ihr könnt diese Erklärung im Anschluss lesen.

Zum Background: Die Maria Grengg-Gasse gehört zu jenen 28 nach historischen Persönlichkeiten benannten Verkehrsflächen in Wien, für die aufgrund des meist nationalsozialistischen und/oder antisemitischen Hintergrundes „intensiver Diskussionsbedarf“ besteht, wie eine von der Gemeinde Wien eingesetzte Historikerkommission bekundet hat.

Tatsache: Maria Grengg ist eine nationalsozialistische Autorin und geistige Wegbereiterin des Nationalsozialismus. Davon und auch von dem Umstand unbeeindruckt, dass in Krems (dem Geburtsort Grenggs) bereits eine Maria-Grengg-Gasse 2021 (auch durch die Stimmen der KPÖ) umbenannt wurde, beharrt die Wiener Stadtregierung auf der Beibehaltung des Straßennamens mit dem Argument, man wolle Geschichte nicht verfälschen. Eine Recherche, die an Vertreter/innen aller auf Bezirks-, Gemeinde- und Bundesebene tätigen Parteien, an viele Medien sowie an zahlreiche weitere Personen und Institutionen versendet wurde, darunter an die KPÖ, nimmt Person und Werk der Maria Grengg unter die Lupe.

Die Recherche der Aktivisten/innen, die für die Protestaktion verantwortlich sind, wird hier veröffentlicht.

Was ihr tun könnt? Bitte teilt dieses Posting und schickt es vor allem an Politiker/innen aller Parteien sowie an Medien und Personen eurer Wahl und fordert die Umbenennung der Gasse!

ERKLÄRUNG

FORDERUNG DER UMBENNENNUNG DER „MARIA-GRENGG-GASSE“ IN WIEN-LIESING

Die Straßenschilder, welche die „Maria-Grengg-Gasse“ in Wien-Rodaun (1230 Wien) beschildern, wurden am 30.12.2022 entfernt.

Begründung: Die „Dichterin“ Maria Grengg war eine glühende Nationalsozialistin und geistige Wegbereiterin des Naziregimes und seiner Verbrechen.  

Die verantwortlichen Politiker sind hiermit aufgefordert, einen Schlussstrich zu ziehen und die „Maria-Grengg-Gasse“ in Wien-Rodaun (Liesing) endlich umzubenennen.

Auch durch die zynische Zusatztafel, wonach Grenggs Rassismus und ihre Mitgliedschaft in der NSDAP „problematisch“ seien, wird das eigentliche Problem nicht beseitigt. Die Dichterin Grengg war nicht einfach nur rassistisch, sondern sie hat durch ihre literarischen Hassbotschaften, von denen ihr Werk nur so strotzt, in der Literatur des NS-Staates eine tragende Rolle gespielt.

FAKTEN

  1. Zeitzeugnisse über das Schaffen Maria Grenggs

Über Grenggs Roman „Das Feuermandl“ (1935):

Grenggs Verlagskollege Adalbert Schmidt zusammenfassend über das Werk:

[. . .] der Geschichte eines am bösen Erbe seines Blutes leidenden Mannes, der in fanatischem Eifer alles Kranke und Entartete ausrotten will, um einer starken, erbgesunden Menschheit Platz zu machen.

Der führende NS-Literaturgeschichtler Hellmuth Langenbucher zu Maria Grenggs Roman:

[…] Die schicksalhafte Bedeutung der Vererbungslehre ist in diesem Buch mit einer staunenswerten künstlerischen Tapferkeit und mit einem stolzen Bekenntnis zu allem Schönen und Gesunden in äußerster Folgerichtigkeit behandelt und so mitreißend gestaltet, daß jeder gutwillige Mensch dadurch überzeugt werden muss von der Richtigkeit der im neuen Deutschland erlassenen Gesetze, die der Sicherung der erbgesunden und der Verhinderung der erbkranken Nachkommenschaft dienen.

Zu einer Zeit, da im nationalsozialistischen deutschen Reiche nach einer Dichtung, die (Rassenfragen) zum Gegenstand habe, gerufen wurde, trat eine deutsche Dichterin aus Österreich in die Bresche und trat mit ihrem Roman ein für alles Gesunde, Starke, Schöne und vor allem für die biologische Reinheit des deutschen Volkes. Damit hatte die Dichterin nicht nur einen Beitrag zu dieser Frage im gesamtdeutschen Raume geliefert, sondern sie hat bewiesen, daß in den entscheidenden weltanschaulichen Dingen zwischen dem deutschen Volke in Österreich und im Deutschen Reich niemals eine Grenze bestand […]

(Zitat: Pollack, W.: Österreichs Weg als Wegbereiter des großdeutschen Gedankens, in: Die Westmark. Monatsschrift für deutsche Kultur 1 (1938/39), S. 19)

Quellen: Dissertationen von Dr. Andrea Kern und Dr. Elisabeth Spitzer (Dissertationen an der Universität Wien)

Fazit:

Es stellt sich die Frage, mit welcher Begründung eine Verkehrsfläche in Österreich nach einer Person benannt ist, die sich literarisch für die Voraussetzungen eingesetzt hat, unter denen unter dem Deckmantel des Gesetzes „nicht erbgesunde“, „lebensunwerte“, „entartete“ Menschen zu vielen tausend ermordet wurden.

Memento! Es gibt eine Gedenkstätte an der ehemaligen Wiener Euthanasieanstalt „Spiegelgrund“, an der über 800 Lichtstelen an die dort ums Leben gebrachten Kinder erinnern…

  1. Auszüge aus Grenggs Roman „Die Kindlmutter“ (1938)

Beinahe durchgehend ist das Buch in folgendem Duktus gehalten:

[…] Vielleicht trägt das Haus den leidensumwehten Namen aus den schlimmen vergangenen Zeiten her, wo die türkische Sturmflut heraufgebraust ist gegen das Österreich, und den ganz großen Jammer, das Feuer, den Mord und den tausendfachen Tod der Sklaverei ausgeschüttet hat über sie, so ihre Heimstatt gehabt haben hier am Uferrand gegen Asien […]

[…] Denn er selber, das halbe Kind, hat es als ein Schreckensbildnis eingebrannt in seiner Seele, wie die neuen heidnischen Horden, angeführt von dem jüdischen Teufel Samuely, erst vor wenigen Jahren von Ungarn herauf in seine Heimat eingebrochen sind, um Grauen und Verwüstung über sie zu schütten […]

[…] Und die heidnischen Scharen, die heraufgebraust seind (sic!) wie die Heuschreckenschwärme und wie die Reiter der Apokalypse, sie haben doch endlich jämmerlich zerschellen müssen an dem Herzen dieser Tapferen und Getreuen […]

[…] Stepjan hat die alten Bräuche gehalten in den bösen Jahren nach dem großen Krieg, wo die neuen Heiden hereingefallen sind aus Ungarn wie die Geißel Gottes und der jüdische Bluthund Samuely herumgereist ist mit seinem wandernden Galgen, um die Gottgläubigen und die Deutschen daran zu hängen […]

[…] Sie fuhren wie der Habicht in eine Mausbrut in das Zigeunerlager, eine Stunde außerhalb der Stadt, die dem Schrauttischen Besitz zunächst liegt. Aber sie fanden in dem Rattennest nichts als Schmutz, kreischende Weiber und schreiende Kinder […]

[…] Soll wirklich nur das Gesindel seine Brut vermehren? Sind wirklich nur mehr die Zigeunerweiber stolz auf ihre vielen Kinder? (…) Wir brauchen nach diesem Krieg, der das Mindere und Fremdrassige gehütet hat im Hinterland und das Beste hat ausgelesen zum Sterben und Verderben, wieder Edelmenschen! (…) Solche Frauen wie Sie, Christiane, die müssen der entseelten Welt wieder die künftigen Edlen und Großen und Helden und die schönen herzstarken Mädchen schenken! Solche Frauen müssen die wertigen, die wirklich neuzeitigen Menschen aufziehen! (…) Eine solche Frau gehört uns Deutschen allen […]

Fazit

Mit welcher Begründung wird eine Verkehrsfläche in Österreich nach einer Person benannt, die Angehörige des Judentums und der Roma und Sinti (ungeachtet der Tatsache, dass die „Dichterin“ selbst im enteigneten Haus eines jüdischen Künstlers lebte) als als “Mindere”, “Rassenfremde”, “Gesindel”, “Brut”, “jüdische Bluthunde”, “Mausbrut”, „Ratten“, „Geißel Gottes“, „Heuschreckenschwärme“ etc. bezeichnet?

Nach heute geltender Rechtslage würde Grengg für Äußerungen dieser Art, sobald sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, wegen Verhetzung (§ 283 STGB.) angeklagt.

Wie erklärt man eventuell heute noch lebenden Überlebenden des Naziregimes, weshalb vor allem durch zwei Parteien des demokratischen Österreich 78 Jahre nach dem Ende des „Dritten Reiches“ (!), nämlich durch die ÖVP (!!) und die FPÖ (!!!), eine Person durch die Benennung einer Verkehrsfläche zu Ehren gelangt, die als geistige Wegbereiterin und literarische Brandstifterin im Namen derer gelten kann, die sich dann mit höchstem Erfolg alle Mühe gegeben haben, das „Mindere“, das „Rassenfremde“, das „Gesindel“, die „Brut“, das „Fremdrassige“, und vor allem die „jüdischen Bluthunde“ etc. etc. auszurotten?

Memento! Es gibt einen Ort namens Auschwitz.

  1. Stellungnahmen Grenggs zum „Anschluss“ Österreichs an Hitlers „Drittes Reich“
  1. Zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 ließ Grengg sich öffentlich mit den Worten zitieren: „Als Adolf Hitler kam und uns nur mit seinem großen Herzen nahm, wußte ich beglückt, daß jetzt alles gut sei und daß dieser seit je geliebte, größte Sohn meiner Heimat sie mir jetzt wiederschenkt!
  1. Huldigungsgedicht Maria Grenggs an Adolf Hitler

Dem großen Österreicher.

Männer brauchen wir, ganze, lebendige Menschen,

Männer mit Herzen, nicht nur mit Hirnen.

Und große Mütter, mit allumfassender, flammender Liebe.

Und den Einen, den Führer voran:

Den mit der größten, flammensten (sic!) Seele,

den Blutlebendigsten,

den ersten in Mut und in Weisheit,

der in der einen Hand, der starken und reinen,

die blaue Blume, die heilige trägt,

darinnen sich glasklar der Tau seiner Lauterkeit spiegelt,

aber die andere trotzdem geballt hält zur Faust,

immer bereit, der Lüge, der Bosheit, der Feigheit

damit zwischen scheele Augen zu fahren.

Der die Gedanken rinnen läßt durch die roten Kammern des Herzens,

bevor er sie aufbaut zu Türmen gewaltiger Tat.

Wir schreien nach einem Gott, der da ist auf Erden,

überall sichtbar und doch unfaßbar und heilig.

Mit Augen aus Sternen, einem Haupt aus Himmel und Wolken,

ruhend im Kelch einer Blüte, schimmernd im Glanz eines Augen.

Der in uns wohnt, uns die Gesetze der Menschheit und Liebe

als Flammenwein gießend in Strömen des Blutes.

Der die zitternde Seele in mächtiger Hand hält

und aufwärts trägt aus dem Dunkel des Ringens

in Sternenhöhen, zur Klarheit des Lichtes,

zu seinem Antlitz.

Fazit

Weshalb wird in unserer Heimat Österreich eine Verkehrsfläche nach einer Person benannt, die die Annexion dieser Heimat mit allen damit einhergehenden Folgen an Entrechtung von monströsen Ausmaßen mit einer nicht zu überbietenden religiösen, fanatischen Inbrunst verherrlicht?

Zahlen?

65000 ermordete österreichische jüdische Mitbürger/innen, 2700 hingerichtete Widerstandskämpfer/innen, zehntausende Opfer der Gestapo, der Militärjustiz, der Maßnahmen im Rahmen der “Erbgesundheit” usw.

Von zehntausenden Opfern des Krieges ganz zu schweigen, der durch den „größten seit jeher geliebten Sohn“ der Heimat Grenggs ausgelöst wurde. Memento!

Reue? Einsicht?

Im Jahr 1957 jammerte Grengg: „Es klappt nicht mehr so recht alles“.

Dieses Lamento bezieht sich auf mangelndes Interesse einer Filmgesellschaft, die ihr die Verfilmung eines ihrer Romane versprochen hatte. Auch von ihrem Verlag fühlte sich die Dichterin vernachlässigt. 

  1. Zum arisierten Wohnsitz der „Dichterin“

Der Dichter Hugo von Hofmannsthal (“Jedermann”) lebte bis zu seinem Tod im Jahr 1929 im Rodauner Schlössl, nur wenige Schritte von der heutigen Maria Grengg-Gasse entfernt. Seine Frau Gerty wohnte weiter dort, bis zu ihrer Flucht nach England 1938 nach dem Anschluss Österreichs. Die nächste Bewohnerin war Maria Grengg, die von Beginn der 1940er Jahre bis zu ihrem Tod 1963 im Schlössl lebte. Von 1945 bis 1963 nahm also offenbar niemand Anstoß daran, dass die Nationalsozialistin Grengg unbehelligt im “arisierten” Haus der vertriebenen Familie Hofmannsthals wohnte. 

  1. Sonstiges

Grengg beantragte am 27. Februar 1940 die Aufnahme in die NSDAP und wurde am 1. April aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.883.977). Zu Ehren Hitlers, der 1889 geboren wurde, gab sie im Einvernehmen mit ihrem Verlag 1889 als ihr offizielles Geburtsjahr an (geboren ist sie wohlgemerkt 1888). In ihren Romanen der dreißiger Jahre äußerte sie offen nationalsozialistisches Gedankengut. In ihrem Aufnahmeantrag für die Reichsschrifttumskammer im April 1938 gab sie an:

„In meinen Büchern geht es mir darum, die Ideen des Nationalsozialismus in künstlerische Form zu kleiden und sie so dem Volke in leicht faßlicher Art zu vermitteln.“

Die Reichsschrifttumskammer stellte 1939 Grenggs Engagement im Sinne des Nationalsozialismus fest und hob ihre Vorträge und Dichterlesungen an Universitäten, beim NS-Lehrerbund und in Führerinnenlagern des BDM hervor. 1943 wurde Grengg als „unentbehrlich“ eingestuft und damit vom Arbeitseinsatz befreit.

Zu Grenggs „Vergangenheitsbewältigung“

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges beschränkte Maria Grengg sich auf die Malerei und auf das Schreiben selbst illustrierter Jugendbücher.

Sie wurde in einem Ehrengrab auf dem Perchtoldsdorfer Friedhof (Gruppe 2, Nummer 13) bestattet.

1946 wurde ihr Buch Zeit der Besinnung in Österreich in die Liste der gesperrten Autoren und Bücher aufgenommen. „Die Kindlmutter“ wurde in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt. 1947 erhielt Grengg auf Antrag der ÖVP vom Österreichischen Bundespräsidenten Karl Renner Sühneerlass.

Zur bereits erfolgten Umbenennung der Maria Grengg-Gasse in Krems

Der Beirat hat sämtliche Fakten zu Maria Grengg geprüft und schließlich die Umbenennung empfohlen. Der Beschluss im Gemeinderat fiel mit den Stimmen von SPÖ, KLS und Pro Krems gegen jene von ÖVP und FPÖ.

Quellen

Dr. Andrea Kern, Dr. Elisabeth Spitzer (Dissertationen an der Universität Wien)

Folgequellen

Auszüge aus Werken der Maria Grengg

Dieses Schreiben ergeht an:

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, an alle Parteiobmänner/Parteiobfrauen der Parlamentsparteien, an den Herrn Bundespräsidenten Prof. Dr. Alexander van der Bellen, an die Israelitische Kultusgemeinde, an Herrn Bürgermeister Dr. Michael Ludwig, an die Parteiobmänner/Parteiobfrauen des Bezirkes Wien-Liesing, an Vertreter/innen der österreichischen Printmedien (Falter, Standard, Presse, Kurier, Krone, Profil, Der Funke), an die KPÖ u.v.a.

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