Wer vom Faschismus spricht, darf den Kapitalismus nicht verschweigen!

Wir dokumentieren nachfolgend die Rede von Fritz Fink, KPÖ-Bezirksrat in Ottakring, auf der Februar-Kundgebung 2023 am Goldmarkplatz in Wien.

Liebe anwesende Antifaschistinnen und Antifaschisten, Mitglieder der Opferverbände, kommunistische und sozialdemokratische Genossinnen und Genossen und Vertreter der Sozialistischen Jugendorganisationen.

Wir sind hier, wie jedes Jahr, zum Gedenken an die Hinrichtung des Schutzbundkämpfers Karl Münichreiter und an alle anderen ermordeten des Februar 1934. Sie waren die Opfer des heroischen Abwehrkampfes des demokratischen Schutzbundes gegen die vereinten Kräfte des Austrofaschismus.

Die damalige Regierung provozierte durch die Ausschaltung des Parlamentes, durch das Verbot des republikanischen Schutzbundes und der KPÖ einen Bürgerkrieg gegen die Arbeiterschaft mit Bundesheer, Polizei und den Horden der Heimwehr. Es ist der damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß der mit eiserner Hand diesen Bürgerkrieg herbeigeführt und daher auch die Zerstörungen und die vielen Toten zu verantworten hat.

Wir haben heute einen Innenminister, Gerhard Karner, der als Bürgermeister von Texingtal in NÖ ein Dollfuß-Museum betreibt und sich auch sonst nicht vom Austrofaschismus klar distanziert hat. Das Gedankengut des Faschismus ist also wieder regierungsfähig. Das ist eine Schande!

Aber nicht nur bei uns, schauen wir in unser Nachbarland Italien, da wurde die Vorsitzende einer postfaschistischen Partei, Georgia Meloni, zur Ministerpräsidentin erkoren und sie ist eine Befürworterin der Politik von Diktator Benito Mussolini. Man kann sehen, dass die Gefahr der Rechtsentwicklung im heutigen Europa, nicht nur in Italien, auch in Schweden, Ungarn, Polen und in den baltischen Staaten erkennbar ist. Dies geht einher mit einer problematischen Tendenz des Geschichtsrevisionismus in mehreren europäischen Ländern. Faschistische Gräueltaten werden relativiert, verharmlost oder sogar geleugnet. Das ist eine Schande!

Aber schauen wir über den Tellerrand: in Brasilien hat nach der Wahlniederlage des rechtsradikalen Ex-Präsidenten Bolsonaro seine Anhängerschaft den Kongress erstürmt und und ein Jahr davor haben in den USA ebenfalls nach einer Wahlniederlage des Präsidenten Trump seine Anhänger das Kapitol erstürmt. Es werden demokratisch durchgeführte Wahlen von einem rechtsradikalen Mob nicht anerkannt und es kommt zu gewaltsamen Ausschreitungen, die alle demokratisch gesinnten Menschen erschaudern lässt. Auch das ist eine Schande!

Und wir müssen uns fragen liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, wie ist so eine Entwicklung zu erklären, wo liegen da die Ursachen dieser antidemokratischen und faschistischen Tendenzen?

Als marxistische Linke wissen wir – wer vom Faschismus spricht, darf den Kapitalismus nicht verschweigen, ist er doch der Quell dieser menschenverachtenden und vielfach tödlichen Gesellschaftsformation.

Wir wissen und erleben es, die kapitalistische Wirtschaft erzeugt periodisch Krisen mit Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Versorgungsengpässen in vielen Bereichen und sozialem Abstieg. Das war 1934 der Fall und ist derzeit vielfach wieder beobachtbar, dies auch gemeinsam mit einer Klimakrise, der Coronapandemie und einem Krieg auf europäischen Boden, ca. 1000 km entfernt.

Russland und die Ukraine waren einst Bruderstaaten und 1922 Mitbegründer der Sowjetunion, dem ersten Land mit einer sozialistischen Wirtschafts- und Regierungsform. Die brutale Stalin-Ära, die nie richtig überwunden wurde, die inneren politischen und ökonomischen antisozialistischen Fehlentwicklungen, der Druck von Außen und die Folgen des Kalten Krieges hatten 1991 die Implosion der Sowjetunion zur Folge. Da nützte auch der Rettungsversuch des Michael Gorbatschow nichts.

Die Sowjetunion zerfiel und in den Nachfolgestaaten wurde der Kapitalismus restauriert mit nationalistischen und reaktionären Regierungen. Zwischen Russland und der EU entstand ein nationalistischer und geopolitischer Streit um die wirtschaftliche Zugehörigkeit der Ukraine und der NATO Osterweiterung. Beginnend 2014 mit den Unruhen am Maidan und den Kämpfen im Donbass, wurde der irrationale Machtkampf sichtbar.

Es geht auch bei dieser Auseinandersetzung zwischen kapitalistischen Staaten um den Zugang zu billigen Rohstoffen, um Marktbeherrschung und der militärischen Zugehörigkeit. Vor einem Jahr eskalierte die Situation durch den völkerrechtswidrigen Einmarsch von russischen Truppen in das Gebiet der Ukraine. Und das ist eine Schande!

Ich denke es ist daher für uns, nach Analyse und kritischer Beurteilung der aufgezeigten Ereignisse und Verhältnisse klar erkennbar, was zu tun ist. Wir sehen, der Kapitalismus und seine politischen Handlanger spalten unsere Gesellschaft – in besitzende Bourgeois und nichtbesitzende Proletarier, in Inländer und Ausländer, in Männer und Frauen, in die da Oben und die da Unten. Ich sehe daher, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, Genossinnen und Genossen es als unsere gemeinsame Aufgabe, die Überwindung dieser Spaltung durch die Abschaffung des Kapitalismus. Dies bedeutet die Beendigung der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur für den Profit und die Ausbeutung des Menschen durch die Abschaffung der Lohnarbeit. Wir schaffen damit ein sorgenfreies und gutes Leben für Alle! Das muss unser gemeinsames Ziel sein!

Denn vergessen wir nicht: die Opfer des Februar 1934 wie Münichreiter oder Wallisch, sie kämpften nicht nur gegen den Faschismus, sie kämpften auch für eine bessere Welt.

In diesem Sinne – seien wir wachsam, verwehren wir uns gegen weiteren Sozialabbau und die Untergrabung der Demokratie!

Wir sagen: Niemals vergessen, wehret den Anfängen, nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!”

Ps.: Dank an die Sozialistischen Freiheitskämpfer, die die Veranstaltung vorbereitet haben. Und Dank an die SJ und die SPÖ-Hietzing für die alljährlich gemeinsame Kundgebung.